Analyse zur Oberbürgermeisterwahl 2023
(Hauptwahl und Stichwahl)
Im Folgenden werden Aspekte und Analysen zur Oberbürgermeisterwahl 2023 grafisch dargestellt, die beispielsweise in den Frankfurter Wahlanalysen 73 und 74¹ nicht oder nur teilweise aufgezeigt und visualisiert worden sind. Neben den Frankfurter Wahlanalysen der Stadt Frankfurt gibt es für die Oberbürgermeisterwahl 2023 auf der Webseite der Hessenschau² eine gute grafische Aufbereitung und Analyse der Wahlergebnisse sowie weiterführende Datenanalysen³. Zudem werden die (Roh-) Daten der Oberbürgermeisterwahl auf der Webseite von Votemanger⁴ zur Verfügung gestellt.
Oberbürgermeisterwahl 2023 vs Kommunalwahl 2021
Den ersten Wahlgang der OB-Wahl 2023 hat Uwe Becker (CDU) mit ca. 34,5% gewonnen. Mike Josef (SDP) kommt mit 24,0% auf Platz zwei und Manuela Rottmann (Grüne) mit 21,3% auf Platz drei. Die Kandidaten der Linken, FDP und AfD liegen abgeschlagen dahinter. Sonstige Kandidaten kamen auf 11,6%. Hier ist der Einzelbewerber Bahnbabo (Peter Wirth) mit 5,1% hervorzuheben. Das Wahlergebnis des Bahnbabo wir hier näher betrachtet.
Die Wahlbeteiligung bei der OB-Wahl 2023 liegt mit 40,4% auf einem vergleichbaren Niveau wie die Kommunalwahl 2021 mit 45,1%. Im Vergleich zu Kommunalwahl 2021 zeigen sich deutliche Veränderungen bzw. Unterscheide. Uwe Becker hat 12,6%-Punkte (ca. 24.000 Stimmen) mehr als die CDU bei der Kommunalwahl 2021 geholt. Mike Josef holte 7%-Punkte (ca. 13.000 Stimmen) mehr als die SPD 2021. Manuela Rottmann holte trotz der guten Ausgangslage 3,3%-Punkte (ca. 9.000 Stimmen) weniger als die Grünen bei der Kommunalwahl 2021.
Ergebnis OB-Wahl 2023 und Veränderungen zur Kommunalwahl 2021 in Prozent und absoluten Stimmen⁵
Die Kandidaten Daniela Mehler-Würzbach (Linke), Yanki Pürsün (FDP) und Andreas Lobenstein (AfD) haben deutlich schlechter abgeschnitten als die jeweiligen Parteien bei der Kommunalwahl 2021. Diese Veränderungen sind sicherlich auf taktisches Wahlverhalten der Wähler:innen dieser Parteien zurückzuführen, um einen bestimmten Kandidaten oder Kandidatin in die Stichwahl zu schicken. Yanki Pürsün (FDP) hat hier am stärksten verloren und 4,8%-Punkte (ca. 11.000 Stimmen) im Vergleich zu 2021 verloren. Die Linke Kandidatin Daniela Mehler-Würzbach verlor 4,3%-Punkte (ca. 10.000 Stimmen). Dies Veränderungen hatten erhebliche Auswirkungen auf das Abschneiden der drei aussichtsreichen Kandidaten:innen (Becker, Rottmann und Josef).
Brief- und Urnenwähler:innen
Die Mehrheit der Wähler:innen (ca. 59%) hat per Urne gewählt. Uwe Becker, Manuela Rottmann, Yanki Pürsün und der Bahnbabo haben bei den Briefwählern besser abgeschnitten als bei den Urnenwähler:innen. Mike Josef, Daniela Mehler-Würzbach und Andreas Lobenstein haben bei den Urnenwähler:innen besser abgeschnitten als bei den Briefwähler:innen. Bei allen Kandidaten machten die Urnenwähler:innen die Mehrheit der Wähler aus.
Wahlverhalten der Brief- und Urnenwähler:innen⁵
Sieger und Siegerin in den Stadtteilen und kleinräumigen Wahlbezirken
Bei der OB-Wahl 2023 hat Uwe Becker - bis auf in 5 Stadtteilen - die meisten Stimmen geholt. Obwohl Manuela Rottmann in 3 Stadtteilen die meisten Stimmen geholt hat, ist sie im Gesamtergebnis nur Dritte geworden. Es fällt auf, dass diese 5 Stadteile alle im inneren Teil der Stadt liegen.
Bei Betrachtung der kleinräumigen Ergebnisse auf Basis der Urnenwahlbezirke oder von Urnenwahlbezirken inklusive Briefwahlstimmen zeigen sich noch leichte Unterschiede und erste Anzeichen dafür, wie Mike Josef die Stichwahl gewinnen konnte.
Uwe Becker hat auch bei Betrachtung der Urnenwahlbezirke (nur Urnenwähler) den Großteil der Wahlbezirke gewonnen. Mike Josef hat allerdings in vielen Wahlbezirken im inneren der Stadt die meisten Stimmen geholt.
Sieger/-in (meiste Stimmen) in den Stadtteilen, Urnenwahlbezirken und Urnenwahlbezirken inkl. Briefwähler:innen.⁵
Rechnet man die Briefwähler in die Urnenwahlbezirke mit ein, verändert sich das Bild nochmal. Uwe Becker hat wieder im Großteil der Wahlbezirke die meisten Stimmen geholt. Allerdings zeigt sich, dass Manuela Rottmann und Mike Josef in einigen der Wahlbezirke – z.B. im Gallus, Gutleitviertel, Bahnhofsviertel, im Nordend-West oder in Sachsenhausen-Nord - die meisten Stimmen geholt haben. Diese Wahlbezirke liegen somit in Stadtteilen in denen Uwe Becker zwar insgesamt die meisten Stimmen geholt hat, aber nicht in einzelnen Bezirken dieser Stadtteile. Diese Wahlbezirke liegen wieder vorrangig im Inneren der Stadt. Diese Erkenntnis geht verloren, wenn man isoliert den Sieger oder die Siegerin auf Stadtteil-Ebene betrachtet.
Wähler:innen und Wahlbeteiligung nach Altersgruppen (OB-Wahl und OB-Stichwahl)
Obwohl die über 70-Jährigen nur ca. 15% der Wahlberechtigten ausmachen , ist diese Altersgruppe bei den Wähler:innen überproportional vertreten, da die Wahlbeteiligung bei dieser Altersgruppe besonders hoch ist.
Zusammensetzung der Wähler:innen nach Altersgruppen für die OB-wahl und die OB-Stichwahl 2023⁵
Die Wahlbeteiligung ist in der Altersgruppe der 18 – 24-Jährigen mit ca. 26% sowohl in der OB-Wahl als auch in der Stichwahl deutlich geringer als in den anderen Altersgruppen. Daher ist die Altersgruppe der 70-Jährigen eine Altersgruppe, der eine besondere Bedeutung zukommt.
Wahlbeteiligung nach Altersgruppen für die OB-wahl und die OB-Stichwahl 2023⁵
Wahlverhalten nach Geschlecht und Altersgruppen
Uwe Becker (CDU) hat bei den Männern besser abgeschnitten als bei den Frauen. Im Vergleich dazu haben sowohl Manuela Rottmann (Grüne) und Mike Josef (SPD) bei den Frauen besser abgeschnitten als bei den Männern. Die besondere Bedeutung des Wahlverhaltens von Männern und Frauen bei Oberbürgermeisterwahlen in Frankfurt wird hier beschrieben.
Wahlverhalten von Frauen und Männern für Uwe Becker, Mike Josef und Manuela Rottmann⁶
Uwe Becker hat bei den Altersgruppen der 60 – 69- und über 70-Jährigen deutlich besser abgeschnitten als bei den jüngeren Altersgruppen. Mike Josef hat bei allen Altersgruppen recht ähnlich abgeschnitten. Manuela Rottmann hat bei den unter 60-Jährigen deutlich besser abgeschnitten als bei den über 60-Jährigen.
Wahlverhalten der Altersgruppen und Vergleich zum Gesamtergebnis⁶
Bei der Detail-Betrachtung des Wahlverhaltens von Frauen und Männern nach Altersgruppen fallen folgende Aspekte auf: Uwe Becker hat bei Männern unter 60 Jahren deutlich besser abgeschnitten als bei Frauen derselben Altersgruppe. Mike Josef, im Vergleich, hat bei Frauen unter 60 Jahren besser abgeschnitten als bei Männern; bei den über 60-Jährigen ist das Wahlverhalten ähnlich. Manuela Rottmann hat bei Frauen grundsätzlich immer besser abgeschnitten als bei Männern. Bemerkenswert ist, dass Yanki Pürsün (FDP) bei Männern der Altersgruppe 18 – 24 Jahre 14% gewinnen konnte.
Wahlverhalten nach Frauen und Männern sowie Altersgruppen⁶
Verteilung Briefwahlbezirke
Die Grafik unten zeigt die Verteilung des Wahlergebnisses der Kandidat:innen in den Briefwahlbezirken. Das Wahlergebnis der Briefwähler:innen und Urnenwähler:innen in dem jeweiligen Briefwahlbezirk wurde dafür zusammengerechnet.
Verteilung der Wahlergebnisse in den Briefwahlebzirken⁵
Das Wahlergebnis von Uwe Becker liegt in den Briefwahlbezirken zwischen ca. 20% bis 60%. Es schwankt also erheblich. Bei Manuela Rottmann schwanken die Wahlergebnisse in den Briefwahlbezirken etwas stärker als bei Mike Josef – zwischen unter 10% bis über 30%. Dies zeigt, dass die Kandidaten in den verschiedenen Teilen der Stadt deutlich unterschiedlich abgeschnitten haben; bei Uwe Becker zeigen sich diese Unterschiede am deutlichsten.
Stichwahl 2023 vs. Oberbürgermeisterwahl 2023 (Hauptwahl)
Mike Josef hat die OB-Stichwahl 2023 gegen Uwe Becker mit 51,7% und ca. 92.400 Stimmen klar gewonnen. Im Vergleich zur OB-Wahl (Hauptwahl) hat Mike Josef ca. 43.000 Stimmen dazu gewonnen und damit erheblich mehr als Uwe Becker (ca. 16.000 Stimmen). Mike Josef konnte damit sein Ergebnis in der OB-Stichwahl im Vergleich zur Hauptwahl mehr als verdoppeln.
Ergebnis OB-Stichwahl 2023 und Veränderungen zur OB-Wahl (Hauptwahl) in Prozent und absoluten Stimmen⁵
Brief- und Urnenwähler:innen
Bei den Briefwählern hat Uwe Becker gewonnen, allerdings nur mit leichtem Vorsprung. Uwe Beckers Stimmenzuwachs in der OB-Stichwahl von ca. 16.000 Stimmen kommt zum Großteil von Briefwählern (ca. 12.000 Stimmen). Mike Josef hat sowohl bei Brief- und Urnenwähler:innen deutliche Stimmen dazugewonnen. Mike Josef hat sich u.a. durch die Mobilisierung der Urnenwähler:innen durchgesetzt. Hier hat er die ca. 6.000 Stimmen Abstand zu Uwe Becker gewonnen.
Wahlverhalten der Brief- und Urnenwähler:innen⁵
Sieger und Siegerin in den Stadtteilen und kleinräumigen Wahlbezirken
Uwe Becker hat in 23 Stadtteilen die meisten Stimmen gewonnen. Mike Josef hat in nur 21 der 44 Stadtteilen die meisten Stimmen gewonnen. Mike Josef liegt insbesondere in den inneren Stadtteilen vor Uwe Becker. Uwe Becker hat mit Ausnahme von Westend-Nord und Westend-Süd nur in den äußeren Stadtteilen mehr Stimmen als Mike Josef gewonnen. Auch bei Betrachtung der kleinräumigen Ergebnisse auf Ebene der Urnenwahlbezirke und Urnenwahlbezirken inklusive Briefwähler:innen bestätigt sich diese Analyse grundsätzlich, bis auf kleinere Ausnahmen in einzelnen Stadtteilen.
Sieger (meiste Stimmen) in den Stadtteilen, Urnenwahlbezirken und Urnenwahlbezirken inkl. Briefwähler:innen.⁵
Mike Josefs Sieg in der Stichwahl kann insbesondere darauf zurückgeführt werden, dass er sich in den Stadtteilen mit vielen Wählern mit deutlichem Abstand gegen Uwe Becker durchsetzen konnte. Von den 10 Stadtteile mit über 6.000 Wähler:innen (Dornbusch, Westend-Süd, Gallus, Sachsenhausen-Nord/-Süd, Nordend-Ost/-West, Ostend, Bornheim, Bockenheim) hat Mike Josef 8 Stadteile und davon 6 mit erheblichem Abstand gewonnen.
Stimmenabstand zwischen Uwe Becker und Mike Josef nach Stadtteilen; X-Achse: Wähler:innen im Stadtteil, Y-Achse: Stimmenabstand, Rot: Sieg Josef, Schwarz: Sieg Becker.⁵
Abstand zwischen Uwe Becker und Mike Josef in Prozentpunkten nach Stadtteilen; X-Achse: Wähler:innen im Stadtteil, Y-Achse: Stimmenabstand, Rot: Sieg Josef, Schwarz: Sieg Becker.⁵
Wahlverhalten nach Altersgruppen und Geschlecht
Mike Josef hat in der OB-Stichwahl bei Frauen besser abgeschnitten als bei Männern. Uwe Becker dagegen bei Männern besser als bei Frauen. Da Frauen ca. 55% der Wähler:innen ausmachen, ist dies ein weiterer Aspekt wie Mike Josef gegen Uwe Becker gewonnen konnte.
Wahlverhalten von Frauen und Männern⁶
Uwe Becker hat nur bei den über 70-Jährigen mehr Stimmen gewonnen als Mike Josef; dies allerdings sehr deutlich. Mike Josef hat in allen Altersgruppen unter 60 Jahren mehr Stimmen gewonnen als Uwe Becker, dies teilweise auch sehr deutlich.
Wahlverhalten der Altersgruppen und Vergleich zum Gesamtergebnis⁶
Bei Betrachtung des Wahlverhaltens von Männern und Frauen nach Altersgruppen fällt wieder auf, dass Uwe Becker bei den Männern der jüngeren Altersgruppen unter 60 Jahren besser abgeschnitten hat als bei den Frauen. Bei der Altersgruppe 18 – 24 Jahre zeigt sich dieser Unterschied am deutlichsten.
Wahlverhalten nach Frauen und Männern sowie Altersgruppen⁶
Fazit
Mike Josef hat mit den Wähler:innen der inneren Stadtteile, den Frauen - insbesondere den jüngeren Frauen - und durch die Mobilisierung der Urnenwähler:innen gegen Uwe Becker gewinnen können.
Tags: Frankfurt, Oberbürgermeister, Wahlanalyse
¹ https://frankfurt.de/service-und-rathaus/zahlen-daten-fakten/publikationen/wahlanalysen/obwahlen
⁴ https://votemanager-ffm.ekom21cdn.de/06412000/index.html
⁵ Datenquelle: Votemanager
⁶ Datenquelle: Frankfurter Wahlanalyse 73 und 74